Samstag, 25. August 2007

Jahresringe

Es gibt einen Baumstumpf in Strobl am Wolfgangsee, der mich mit seiner bizarren Form zu einer gewissen Passage in meinem Fantasy-Roman inspiriert hat. Schon vor Jahren. Jeden August kam ich mehrmals an diesem Strunk vorbei (er liegt direkt neben dem Lift der Sommerrodelbahn), winkte ihm in Gedanken zu und nahm mir fest vor den Roman zu beenden, noch in diesem Jahr, noch vor Weihnachten! Wir hatten ein Ritual, der Baumstumpf und ich. An ihm vorbei zu fahren bedeutete immer, dass wieder ein Jahr ins Land gezogen war, unter lautloser Verpuffung meiner guten Vorsätze.
Doch diesmal, haha - diesmal nicht. Vorgestern waren wir rodeln und mein Gewissen war rein. Der Baumstumpf reckte seine langen Wurzeln um den Felsen wie immer und ich grinste ihn an. Diesmal ist es geschafft, was sagst du? Wird dir nicht gleich noch wärmer unter deinem Moosbewuchs?
Leider spricht er nicht mit mir. Und nicht nur das unterscheidet ihn von seinem Roman-Alter-Ego, er ist auch viel kleiner. Und er lässt sich nicht fotografieren. Ich habe es mehrfach versucht, weil er in meiner Erinnerung immer enorm an Umfang zunimmt (außerdem hätte ich gern ein paar Details für die Beschreibung konserviert), aber alle Bilder waren verschwommen. Und meine Schuld war das sicher nicht.
Ich glaube es zwar nicht, aber ich mag die Vorstellung, dass man, nachdem er gefällt wurde, ein Buch aus ihm gemacht hat. Für Brennholz wäre er viel zu schade.

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