Montag, 30. März 2009

Warnstreik

"Hallo, meine Lieben, da bin ich wieder!"
Schweigen. Ein paar desinteressierte Blicke von den Nebenfiguren und ein richtig ungehaltener von meinem Protagonisten.
"Hi, Nick. Wie gehts?"
"Blöde Frage."
So unhöflich kenne ich ihn gar nicht.
"Was ist dir denn über die Leber gelaufen?"
"Noch eine blöde Frage."
Als ob mein Gewissen nicht schon schlecht genug wäre.
"Worüber beschwerst du dich? Du hattest wenigstens Ruhe!"
"Hast du dir eigentlich angesehen, wo du mich zwei Wochen lang hast sitzen lassen?", zischt er.
Au weia.
"Und vor allem: mit wem?"
"Hör mal, das war plottechnisch notwendig, es tut mir auch Leid, ehrlich."
"Davon hab ich nichts."
"Ich schreib dich da raus, in Ordnung?"
Er murrt, er brummt, er sträubt sich. Typisch kapriziöse Hauptfigur. Starallüren ohne Ende. Gemeinsam schleppen wir uns aus der Szene, er macht sich doppelt so schwer wie sonst.
"Ordentliche Autoren tun sowas nicht", stellt er fest, als er sich wieder auf vertrautem Gebiet befindet.
"Aha. Und ordentliche Romanfiguren stellen sich nicht so an, wenn sie mal ein bisschen warten müssen", keife ich zurück. "Ich hatte zu tun. Ich musste plotten. Nach dir soll es schließlich auch noch ein Buch geben."
"WAS???"
Schon gut, das war dämlich, ich weiß. Seitdem spricht er gar nicht mehr mit mir. Was unangenehm ist, denn er ist nicht nur mein Protagonist, sondern auch meine einzige Perspektivfigur. Noch.
"Wenn du weiter schmollst, kriegt Jamie auch eine Perspektive. Und vielleicht sogar Emily, Mädchen sind nicht so verstockt."
"Mach doch."
Er weiß, er sitzt am längeren Ast. Ich werde ihn mit einer Liebesszene locken müssen. Oder mit einem guten Essen. Seine Mutter kann nämlich nicht kochen.

Samstag, 28. März 2009

Story-Hopping

Ganz im Ernst, ich liebe es, zu plotten. Auch wenn ich nicht zu den detailversessenen Alles-im-Voraus-Wissen-Müssern gehöre, finde ich die Storyfindungsphase einfach großartig. Obwohl oder weil alles noch so verschwommen ist, wie durch Milchglas betrachtet, weil noch nichts in Stein gemeißelt ist, man sich noch nicht festgelegt hat, alles noch möglich ist. Man steckt - metaphorisch gesehen - mit beiden Armen bis zu den Ellenbogen im Schlamm, gräbt nach Gold und die innere Wünschelrute schlägt aus wie verrückt. Nach zwei Tagen weiß man meistens, ob es wirklich Gold ist oder bloß ein alter Kupfernachttopf. Spannend. Ich liebe es, wie gesagt.

Außer, ich schreibe gerade an etwas Anderem, so wie diesmal. Dann ist es zäh, weil man erst mal die Fäden der aktuellen Geschichte, in die man sich sukzessive eingewoben hat, lösen muss, um völlig Neues aus dem Boden stampfen zu können. Durchdacht. Spannend. Logisch. GUT.
Erst einmal ging gar nichts, und dann ging es langsam. In Summe hat es mich zwei Wochen gekostet, aber gestern hab ich endlich das endgültige Exposé weggeschickt, und es wurde für gut befunden, hurra! In der Zwischenzeit sollte es schon von der Agentur zum Verlag gewandert sein. (Ganz ehrlich, unter uns: Ich glaube, es ist wirklich kein Nachttopf.)

Tja, und jetzt bitte wieder eintauchen in Geschichte Nummer 1. Vorhin habe ich das Dokument aufgemacht und mich erst mal nicht zurechtgefunden. So weit war ich schon? Das wusste ich gar nicht mehr.
(Hähä, lacht meine fiese kleine Muse, du würdest jetzt viel lieber bei Nummer 2 weitermachen, stimmt's? Charaktere vertiefen, Beziehungen herstellen, Vorgeschichten entwerfen ... aber das kannst du dir abschminken.)
Sie hat recht, das Biest. Das würde ich tatsächlich lieber tun, aber nachdem ich nicht völlig auf den Kopf gefallen bin, werde ich mich wieder in Plot 1 einspinnen und hoffen, dass keiner der Fäden gerissen ist.

Donnerstag, 26. März 2009

Öhm ...

So lange habe ich hier nichts mehr geschrieben? Wirklich? Wirklich! Du liebe Güte ...

Zu meiner Entschuldigung lässt sich vorbringen: Ich habe, äh, gearbeitet. Vom Brotjob mal ganz abgesehen war ich zum Beispiel Lesen, in Salzburg. Vier Lesungen am Stück, danach ist die Stimme im Eimer und die Finger müssen sich gleich mit erholen. Außerdem habe ich meinem persönlichen Todfeind, dem Exposé, ins Auge geblickt. Auch das schreit nach einer längeren Rehabilitationsphase. 

Ein guter Vorsatz muss her: Noch drei Einträge bis Monatsende. Inspirierte, gehaltvolle, vor Inhalt triefende Einträge. Wär doch gelacht.

Dienstag, 10. März 2009

Dönermassaker

Heute vormittag, Schreibworkshop, zuerst mit 11-, dann mit 12jährigen. Ein Krimi soll es werden, und der soll aus den Figuren entstehen, die die Kinder (Kinder?) in Kleingruppen entwerfen. Faszinosum: Beide Male taucht ein Dönerstandbesitzer auf und beide Male ist er der Mörder.
Sind die Gärtner von gestern die Kebabverkäufer von heute? Oder hat Sweeney Todd zu weit um sich gegriffen und ein Döner kommt der Fleischpastete am nächsten?
Ich weiß es nicht. Aber ich finde es hochinteressant.
Ansonsten sind die Plots klassische Whodunnits, und wenn wir die Klischees eliminiert haben, blitzen immer wieder originelle Ideen auf. Phantastische Figuren. Und grandiose Titel. Nach "Todesdöner", "Der Dönerkiller", "Das Dönermassaker" und ähnlich RTL-Tauglichem schlägt ein ansonsten stiller 12jähriger "Der tote Tag" vor und haut mich damit richtig um. Wo hat er das her? Wieso denkt er in so anderen Bahnen? Wieso hat er nicht schon vorher etwas gesagt?
Am Ende schnappen sich alle ihre Notizen und wollen? sollen? müssen? die Geschichte weiterschreiben. Ich wüsste gern, was aus "Der tote Tag" wird.

Montag, 2. März 2009

Die virtuelle Plotwand

Andere Menschen haben Arbeitszimmer. Ich habe eine Küche. Weil das so ist und weil meine Küchenwände alle ziemlich mit Schränken verstellt und verhängt sind, war mir das Szenen-an-die-Wand-Pinnen mittels Karteikärtchen oder Post-Its bislang verwehrt.
Seit kurzem pinne ich am Computer. Weil Papyrus das nämlich auch kann, sehr platzsparend, praktisch und bunt:


















Natürlich könnte ich auch einfach ein Word-Dokument anlegen und die Szenen untereinander hinschreiben. Wäre aber nicht so spaßig und kein Futter für meinen Spieltrieb. Man kann die Zettelchen übrigens auch kariert, gepunktet und gestreift sein lassen, kurz, es ist ein kreativitätsanregendes Tool.
PS: Falls jemand weiß, wie man Papyrus-Dokumente unbeschadet in Open Office konvertiert, bin ich für Tipps enorm dankbar. Mir kickt es jedes Mal ein gutes Drittel der Formatierungen raus.

 

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