Die Sechs-Zoll-Versuchung
Es ist soweit. Nun gibt es also auch Bücher für den Kindle auf deutsch und mein Mauszeiger kreist seitdem wie ein Falke über dem Bestellfeld bei amazon. Dabei habe ich beim Thema E-Book bisher immer lässig abgewinkt.
Denn: Ein Buch hat aus Papier zu sein, optimalerweise mit einem festen Einband versehen, nach Möglichkeit hätte ich dann auch gerne ein Lesebändchen. Ein richtiges Buch hat seinen eigenen Geruch, es raschelt beim Umblättern und es wiegt je nach Umfang mehr oder weniger. Man weiß, wie weit man bereits in die Geschichte vorgedrungen ist, weil man immer das Verhältnis von den bereits umgeblätterten zu den noch umzublätternden Seiten vor Augen hat.
Ein Kindle hingegen ist ein sechs Zoll großes, flaches Täfelchen, das Bücher mittels einer Technologie namens "electronic ink" imitiert, dabei 241 Gramm wiegt und imstande ist, 4 Gigabyte Daten zu speichern.
Das sind 3500 Bücher.
Sagt amazon. (Sehr wahrscheinlich, dass niemand das je überprüfen wird; so viel kann keiner lesen, bis das nächste und bessere Modell auf dem Markt ist, das dann vermutlich 8000 Bücher speichern kann.)
Eine ganze Bibliothek auf dem Raum eines Notizblocks. Eines dünnen Notizblocks. 3500 Bücher, die man einfach in der Tasche mit sich herumtragen, in den Urlaub mitnehmen oder in der Bahn lesen kann.
Wenn ich mir so zuhöre, fürchte ich, ich werde ihn sowieso kaufen, also kann ich das genausogut gleich tun. Obwohl ich eigentlich warten wollte, bis es E-Reader mit Farbdisplay und E-Books mit Special Content gibt (Autoreninterviews! Making-ofs! Hintergrundinformation!).
Dass meine Leidenschaft für echte, papierene, duftende Bücher in Ziegelsteinformat (und -gewicht) darunter leiden wird, denke ich nicht. Eher mein Portemonnaie, weil meine Hemmschwelle beim Bücherkauf unter Meeresniveau sinken wird, nachdem ich für die digitalen Werke keinen Platz im Bücherregal freiräumen muss.
Gegenargumente? Irgendjemand, da draußen? Warnrufe? Dramatische "Tu-es-nicht!"-Appelle? Nein?
Tja dann ...